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Ina Scharrenbach - Blog

18. Februar 2022

Denkmalschutz: Bewahrung unseres historisch-kulturellen Erbes


Nach 42 Jahren soll Nordrhein-Westfalen ein neues Denkmalschutzgesetz bekommen. Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat die Beratungen aufgenommen. 


Ob das Amtsgericht oder die Kiliansmühle in Lünen, das Alte Rathaus oder der Jüdische Friedhof in Werne oder die Burg Botzlar und die Friedenskirche in Selm: Alle haben eines gemeinsam. Die Gebäude stehen unter Denkmalschutz und sind Zeugnisse unserer Vergangenheit und unseres historisch-kulturellen Erbes. 

Nach 42 Jahren soll es in Nordrhein-Westfalen ein neues Denkmalschutzgesetz geben. Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat die Beratung über den Gesetzentwurf der Landesregierung Nordrhein-Westfalen aufgenommen.

„Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Kultur, die Landschaft und Naturdenkmale stehen unter dem Schutz des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände – so steht es in unserer Landesverfassung. Denkmalschutz und Denkmalpflege sind zentrale Bestandteile von Heimat. Es ist das kulturelle Erbe, es ist das Gedächtnis unserer Städte und unseres Landes, das wir als heutige Generationen auch für die nachkommenden Generationen verfügbar zu halten haben, um aus der Vergangenheit für Gegenwart und Zukunft zu lernen“, so Ina Scharrenbach. 

§ 2 Absatz 1 des Gesetzentwurfes für ein neues Denkmalschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen sieht vor: Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Erdgeschichte, für die Geschichte des Menschen, für die Kunst- und Kulturgeschichte, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und an deren Erhaltung und Nutzung wegen künstlerischer, wissenschaftlicher, volkskundlicher oder städtebaulicher Bedeutung ein Interesse der Allgemeinheit besteht.

  • Erdgeschichte soll neu aufgenommen werden
    Damit wird die Bedeutung der paläontologischen Funde, die zu den Bodendenkmälern gehören, hervorgehoben.
     
  • Kunst- und Kulturgeschichte
    Über die Ergänzung der „Kunst- und Kulturgeschichte“ wird Artikel 18 Absatz 2 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen Rechnung getragen.
     
  • Interesse der Allgemeinheit
    Das Merkmal „Interesse der Allgemeinheit“ findet sich auch in den Landes-Denkmalschutzgesetzen von Berlin und Bayerns wider. Mit diesem Merkmal werden private und Liebhabereiinteressen und rein individuelle Vorlieben ausgeschlossen (BayVGH, Beschluss vom 12. Juni 2017 2 ZB 16.342). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seinem Urteil vom 10. Mai 1988 (1 S 1949/87) den Begriff der Denkmalwürdigkeit angeführt, und setzt seitdem in ständiger Rechtsprechung für die Bejahung eines öffentlichen Erhaltungsinteresses voraus, dass die Denkmaleigenschaft einer Sache und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung in das Bewusstsein der Bevölkerung oder mindestens eines breiten Kreises von Sachverständigen eingegangen sind. Für letzteres ist nach Ansicht des VG Mannheim entscheidend, ob die Gründe für die Erhaltungswürdigkeit so offensichtlich hervortreten, dass sie nicht nur eingeschränkt und von einzelnen Sachverständigen, sondern uneingeschränkt von der großen Mehrheit der Sachverständigen bejaht werden müssten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Mai 1993 – 1 S 2588/92; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juni 1992 – 1 S 2245/90).

 

Gartendenkmäler sollen eigenständig definiert werden: Der Begriff des “Gartendenkmals” wird erstmals eigenständig definiert und damit die Bedeutung dieser Denkmalkategorie hervorgehoben.

Der vorläufige Schutz soll künftig ab Beginn des Unterschutzstellungsverfahrens zum Regelfall werden, wodurch sich schädliche Veränderung vermeiden lassen. 

Wesentliche Änderung: Der Schutz von Bodendenkmälern soll nicht mehr von der Eintragung in die Denkmalliste abhängen. Für Baudenkmäler, Gartendenkmäler und bewegliche Denkmäler soll es beim bewährten Verfahren bleiben: Ab Eintragung in die Denkmalliste unterliegen diese dem Denkmalschutz. Die Regelungen für Denkmalbereiche sollen übersichtlich in einer Vorschrift zusammengefasst werden. 

Eintragung in und Löschung aus der Denkmalliste: Die Eintragung oder die Löschung soll von Amts wegen, auf Anregung der Eigentümerin oder des Eigentümers oder auf Antrag des zuständigen Denkmalfachamtes erfolgen, sofern die Voraussetzungen der Eintragung erfüllt oder die Eintragungsvoraussetzungen entfallen sind. Ist die Wiederherstellung eines Denkmals angeordnet, kann die Eintragung in die Denkmalliste nicht gelöscht werden.

Vorkaufsrecht für Gemeinden: Der Gesetzentwurf sieht die Einführung eines Vorkaufsrechtes für Gemeinden beim Kauf von Grundstücken vor, auf oder in denen sich eingetragene Denkmäler oder ortsfeste Bodendenkmäler befinden. 

Mit den Zielen des Denkmalschutzes konkurrieren oft schutzwürdige Interessen der Denkmaleigentümerinnen oder Denkmaleigentümer. Die Interessen des Eigentümers und das Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung des Denkmals sind in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Anders als in Brandenburg, wonach Interessen des privaten Denkmaleigentümers die Belange des Denkmalschutzes im Einzelfall überwiegen können, sollen in Nordrhein-Westfalen die Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit ausdrücklich als im Abwägungsprozess zu berücksichtigende Aspekte benannt werden. Die Verankerung im Gesetz soll indes keinen Vorrang bei der Abwägung vor den Belangen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege begründen. Eine Privilegierung der Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit verbietet sich bereits aufgrund des verfassungsrechtlich verankerten Auftrags zum Schutz der Baudenkmäler.

Städte und Gemeinden bleiben Untere Denkmalbehörden, ihr Auftrag und ihre Verantwortung für den Denkmalschutz soll gestärkt werden: 396 Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen = 396 Untere Denkmalbehörden - und das seit 42 Jahren. Die ihnen obliegenden Aufgaben sind solche der Gefahrenabwehr.  Auch Städte und Gemeinden haben mit Fachkräftemangel. Um die Aufgabenwahrnehmung zu stärken, sieht der Gesetzentwurf der Landesregierung Nordrhein-Westfalen vor, dass Gemeinden und Gemeindeverbände zur gemeinsamen Wahrnehmung einzelner Aufgaben nach diesem Gesetz öffentlich-rechtliche Vereinbarungen gemäß den Regelungen des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit abschließen können.

Die Denkmalliste wird in digitaler Form durch die Untere Denkmalbehörde geführt. Abweichend dazu soll die Denkmalliste hinsichtlich der Bodendenkmäler in digitaler Form durch die zuständigen Denkmalfachämter, die bei den Landschaftsverbänden angesiedelt sind, geführt werden. Hierfür sieht der Gesetzentwuf eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2024 vor.   

Die 396 Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen sind seit nunmehr 42 Jahren zuständige Untere Denkmalbehörde im Rahmen des Denkmalschutzes: Die Gemeinden haben damit die Verantwortung für eine aufgabenadäquate Ausstattung zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben. Der Gesetzgeber hat seit mehr als 40 Jahren den Unteren Denkmalbehörden mit den bei den Landschaftsverbänden angesiedelten Denkmalfachämtern beratende Institutionen zur Seite gestellt. Die beratenden Institutionen sind allerdings keine die Unteren Denkmalbehörden ersetzenden Institutionen. 

Vor diesem Hintergrund gilt es, auch unter Berücksichtigung der Änderungen in dem Gesetzentwurf, zu Verfahrensänderungen zu kommen, die aufgabenadäquat ausgestatte Untere Denkmalbehörden in der Wahrnehmung ihrer gesetzlich zugewiesenen Verantwortung zu stärken. Damit wird der Aufbau und die Erhaltung qualitativer wie quantitativer Ressourcen zur Wahrnehmung der denkmalschutzbehördlichen Funktion als Ordnungsbehörde durch die jeweilige Gemeinde gewissermaßen honoriert. Zukünftig sollen die Unteren und Oberen Denkmalbehörden ihre Entscheidungen im Zusammenhang mit Baudenkmälern nach Anhörung des Landschaftsverbandes treffen. Zusätzlich werden Fristen eingeführt, um die Verfahren für alle Seiten zeitlich planbarer zu machen. 

Unteren Denkmalbehörden, die, nach Festlegung durch die Oberste Denkmalbehörde (das für Denkmalschutz und Denkmalpflege zuständige Ministerium), nicht der Aufgabe nach angemessen ausgestattet sind, bleiben in der Benehmensherstellung mit dem zuständigen Landschaftsverband. Für die Bodendenkmalpflege und die Welterbestätte bleibt es bei der Benehmensherstellung. 
 

Gesetzentwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen >